Klingen Homophone wirklich ueberall gleich?
Klingen Homophone wirklich überall gleich?
- Neue Studie zeigt: Sprachen nutzen selten akustische Mittel zur Unterscheidung von Homophonen
#Berlin, 16. Juli 2025
In vielen Sprachen gibt es Wörter, die zwar gleich ausgesprochen werden, aber Unterschiedliches bedeuten – sogenannte #Homophone. #Forschungen zum Englischen und Deutschen haben gezeigt, dass es dennoch manchmal feine Unterschiede im Klang von Homophonen gibt, zum Beispiel bei time (»Zeit«) und thyme (»Thymian«), aber es war bislang unklar, ob das eine universale Eigenschaft von menschlicher Sprache ist. Eine neue am Leibniz Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft durchgeführte Studie zeigt ein unerwartetes Ergebnis: In den meisten Sprachen weltweit wird auf akustische Unterscheidung weitgehend verzichtet.
Die Untersuchung analysiert Sprachdaten aus 37 Sprachen von allen 5 bewohnten Kontinenten – darunter #Arapaho (USA), Beja (Sudan) und Vera’a (Vanuatu) – und prüft, ob gleichlautende Wörter und Wortendungen in ihrer akustischen Dauer je nach Bedeutung systematisch variieren. Die Daten stammen aus dem »DoReCo« Korpus, einer umfangreichen Sammlung zeitlich annotierter Sprachaufnahmen aus bedrohten und wenig dokumentierten Sprachen, die ebenfalls unter Beteiligung des Leibniz Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft entwickelt wurde und als #Open #Access Datenbank verfügbar ist.
Das Ergebnis: Bedeutungsunterschiede haben im Schnitt nur einen sehr geringen Einfluss auf die akustische Realisierung. Entscheidend für die Länge eines Morphems, also eines Wortes oder Wortbestandteils, sind vielmehr allgemeine Faktoren wie Sprechtempo, Position im Satz oder individuelle Sprechermerkmale. Nur in wenigen, typologisch ungewöhnlichen Fällen – etwa bei besonders »überfüllten« Homophon Gruppen oder bei Morphemen mit dem Zischlaut /s/ – zeigen sich deutliche Unterschiede in der Aussprache.
»Der Befund ist bemerkenswert – denn bislang war man eher vom Gegenteil ausgegangen.«, so Dr. Ludger Paschen, Autor der Studie. Zudem hätten sich frühere Studien fast ausschließlich auf das Englische oder Deutsche konzentriert. »Das unterstreicht einmal mehr, wie wichtig eine breite, sprachübergreifende Perspektive ist – vor allem, wenn es um grundlegende Eigenschaften menschlicher Sprache geht.« Zugleich spreche vieles dafür, dass dieser Befund Ausdruck eines allgemeinen Prinzips sprachlicher Ökonomie sei: »Sprachen verzichten häufig auf akustisches Fine Tuning, wenn es nicht zwingend nötig ist – etwa, weil sich Homophone meist problemlos aus dem Kontext erschließen lassen.«
Die Studie leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Verständnis von Sprachökonomie und zeigt zugleich, wie aufschlussreich dokumentierte Sprachdaten aus bisher wenig erforschten Sprachen für grundlegende Fragen der Sprachwissenschaft sein können.
Das Leibniz Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS) ist ein außeruniversitäres Forschungsinstitut des Landes Berlin. Aufgabe des Zentrums ist die Erforschung der menschlichen Sprachfähigkeit im Allgemeinen und deren Ausprägung in Einzelsprachen. Ziel ist, diese zentrale Fähigkeit des Menschen und ihre biologischen, kognitiven und sozialen Faktoren besser zu verstehen.
Leibniz Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS), Berlin …