Foto: Okan Akgül
Vom Nahostkonflikt 2025, komplexe Realitaeten
Vom Nahostkonflikt 2025, komplexe Realitäten
#Gütersloh, 24. Mai 2025
Der sogenannte »#Nahostkonflikt« wird in der öffentlichen Debatte häufig verkürzt dargestellt – historisch, geografisch, moralisch. Und am Ende scheinen – wie so oft in der Geschichte – »die Juden« die »Bösen« zu sein. Doch diese Zuschreibung hält einer historischen #Betrachtung nicht stand.
Tatsächlich hat das jüdische Volk »Palästina« nicht erobert. In der Neuzeit war es das Osmanische Reich – mit Unterstützung des Deutschen Kaiserreichs – das »Palästina« nach einer langen Reihe von Herrschaftswechseln in Besitz nahm. Zuvor hatten bereits die Ägypter, die Assyrer, die Babylonier, die Römer und viele andere das Gebiet kontrolliert. Es handelt sich also um eine Region mit jahrtausendealter, wechselvoller Geschichte – nicht um das ungebrochene historische Territorium eines Volkes.
Nach dem Zerfall des Osmanischen Reichs übernahmen die Briten das Mandatsgebiet #Palästina. Bedeutende Schlachten wie jene bei #Jerusalem oder bei #Megiddo – mit australischer Beteiligung durch die berühmten Light Horse Men – markierten diesen Übergang. Wer in der Moderne von »Besatzung« oder »Vertreibung« spricht, müsste also konsequenterweise vor allem Großbritannien in die Verantwortung nehmen.
Der oft zitierte palästinensische Anspruch auf einen Staat »Palästina« bezieht sich auf ein Konstrukt, das in dieser Form nie existierte. Vielmehr wurde – auch aus jüdischer Perspektive – immer wieder über eine politische Lösung verhandelt: Bereits 1919 im sogenannten Faisal-Weizmann-Abkommen, in dem arabische und jüdische Vertreter eine Kooperation vereinbarten. Die Araber sollten die jüdische Heimstätte anerkennen, die Juden im Gegenzug einen arabischen Staat – doch das Abkommen trat nie in Kraft.
Auch die Balfour-Deklaration von 1917 formulierte die Idee einer jüdischen Heimstätte in Palästina – ebenfalls ohne konkrete Umsetzung. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg und auf Grundlage des UN-Teilungsplans von 1947 wurde 1948 der Staat Israel gegründet. Ein Staat »Palästina« hingegen wurde bis heute nicht realisiert – und Israel wurde unmittelbar nach seiner Gründung von seinen arabischen Nachbarn angegriffen.
Es gab also mindestens drei ernsthafte Anläufe für eine Zweistaatenlösung. Beide Seiten haben dabei Argumente für eine gewisse #Autochthonie. Die jüdische Geschichte in der Region reicht weit zurück – mit erzwungenem Exil, Diaspora und Rückkehr. Auch die palästinensische Bevölkerung hat über Generationen hinweg ihre Wurzeln in der Region. Nur: Der Konflikt ist historisch, religiös, ethnisch und politisch so überlagert, dass einfache Schuldzuweisungen ins Leere laufen.
Während des britischen Mandats kam es immer wieder zu Massakern und Angriffen – von beiden Seiten. Die britische Mandatsmacht agierte oft passiv und verhinderte zudem aktiv die Einwanderung jüdischer Flüchtlinge, selbst nach dem Holocaust.
Der Begriff »Palästina« wurde vor allem politisch aufgeladen, nachdem mehrere arabische Staaten – darunter die von den Briten installierten Königreiche Syrien und Jordanien – in der Region Einfluss gewinnen wollten. Auch panarabische und panislamische Strömungen spielten eine zentrale Rolle in der Ablehnung jüdischer Staatlichkeit.
Heute wird viel über »Anerkennung« gesprochen. Doch welcher Status soll eigentlich anerkannt werden? Israel ist seit 1948 ein souveräner Staat mit völkerrechtlicher Grundlage. »Palästina« ist hingegen ein politisches Projekt mit unklarem Territorium, geteilter Herrschaft (Fatah und Hamas), und ohne klare staatliche Struktur im westlichen Sinn. Und doch wird es von vielen Staaten anerkannt – auf symbolischer Ebene.
Der Diskurs darüber, was »historisch gerecht« sei, basiert oft auf politischen Fiktionen. Die einen sprechen von kolonialer Aneignung, die anderen von Rückkehr nach jahrtausendelanger Vertreibung. Doch Geschichte ist kein Wunschkonzert, und Legitimität kein Gefühl.
Was sich tatsächlich beobachten lässt: Israel wurde seit 1948 mehrfach mit dem erklärten Ziel der Vernichtung angegriffen. Die Vorstellung, Israel sei ein »Aggressor«, ignoriert diese historische Realität. Der Sinai-Krieg etwa war keine Eroberung, sondern eine Reaktion auf Provokationen und Blockaden durch Ägypten. Und nach dem Krieg wurde die Sinaihalbinsel an Ägypten zurückgegeben – ein Fakt, der im heutigen Diskurs gerne ausgeblendet wird.
Es bleibt ein zentrales Problem: Der Konflikt ist nicht nur territorial oder religiös. Er ist ein tiefgreifender Zusammenstoß unterschiedlicher Gesellschaftsmodelle – Tribalismus und Nationalstaat, Mittelalter und Moderne, Theokratie und Demokratie. Und auch das Christentum, nach Jahrhunderten der Kreuzzüge, hat seinen Teil zur Verklärung und Emotionalisierung beigetragen.
Am Ende steht eine einfache Erkenntnis: Wer ernsthaft Frieden will, muss aufhören, Geschichte zu instrumentalisieren. Und wer Gerechtigkeit fordert, sollte auch bereit sein, komplexe Realitäten anzuerkennen.
Dreht es sich um einen Clash der Religionen oder um einen Clash zwischen Tribalismus und einer Art von Monarchismus und modernem Staat? Salopp gesagt: zwischen #Mittelalter und #Postmoderne? Und welche Rolle spielt das Christentum nach den Kreuzzügen im #Mittelalter?
Israel war seit 1948 immer wieder mit dem Ziel der Auslöschung angegriffen worden. Den Sinaikonflikt als Gegenbeispiel zu bringen, ist fragwürdig. Es drehte sich um eine Präventivmaßnahme unter englischer und französischer Beteiligung im Rahmen von ägyptischen Provokationen – vor allem dem erklärten Ziel Nassers, Israel auszulöschen. Zudem wurde die Sinaihalbinsel zurückgegeben, nachdem ein Friedensangebot von den Arabern ausgeschlagen worden war.